Energie

Dienstaufsichtsbeschwerde des Vorsitzenden des BUND e.V. Altenstadt gegen den Altenstädter Bürgermeister Norbert Syguda bei der zuständigen (ersten) Aufsichtsbehörde, das ist der Landrat

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Gegenstand: Verstoß gegen die Hessische Gemeindeordnung in Sachen Windkraft

Dr. Werner Neumann

Stammheimer Str. 8 B
63674 Altenstadt

 

An den Landrat des Wetteraukreises
Herrn Joachim Arnold
Europaplatz 1
61169 Friedberg

Zugleich in Kenntnis an den

Hessischen Städte- und Gemeindebund
Herrn Karl-Christian Schelzke
Henri-Dunant-Str. 13
63165 Mühlheim

Altenstadt, 11. Mai 2013

Planung und Entwicklung von Windenergieanlagen in Altenstadt

Hier: Nichtdurchführung eines Beschlusses der Gemeindevertretung Altenstadt durch den Bürgermeister der Gemeinde Altenstadt, Herrn Norbert Syguda

Sehr geehrter Herr Landrat Arnold,

ich wende mich an Sie als Aufsichtsbehörde über die Arbeit der Gemeindevorstände der Gemeinden im Wetteraukreis. Die konkrete Dienstaufsichtsbeschwerde ist, dass Herr Bürgermeister Nobert Syguda, den Beschluss der Gemeindevertretung vom 9. November 2012: „Zur Realisierung eines möglichen Windparkes im Gemeindewald Altenstadt wird die WPE-Hessische Windpark-Entwicklungs GmbH, Wiesbaden, als Partner gewählt. Der Gemeindevorstand wird beauftragt, entsprechende Verträge bzw. Vereinbarungen abzuschließen“ nicht umsetzt. (Beschluss erfolgte mit 28 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen).

Daraufhin hat Herr Syguda bis zum heutigen Tage, den 11. Mai 2013 – also über ein halbes Jahr – keinerlei Aktivitäten durchgeführt, um diesen Beschluss der Gemeindevertretung umzusetzen. Ein vorliegender Vertragsentwurf wurde von ihm nicht unterzeichnet. Eine gesonderte auch schriftliche Begründung für sein Nicht-Handeln liegt nicht vor.

Ich bitte Sie als Aufsichtsbehörde, Herrn Bürgermeister Syguda aufzufordern, den Beschluss der Gemeindevertretung umgehend umzusetzen. Zwischenzeitlich wurde am 26. März 2013 entsprechend eines weiteren Beschlusses der Gemeindevertretung (wissend, dass bis dahin der Bürgermeister den Beschluss vom 9.11.2013 nicht umgesetzt hat) eine Bürgerversammlung durchgeführt. Ich selbst habe auf dieser Versammlung gemäß der Aufforderung durch die Gemeindevertretung die Auffassung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. – BUND Ortsverband Altenstadt, als dessen Vorstandsvorsitzender, vorgetragen.

Wie auch durch das Protokoll der Bürgerversammlung (im Internet der Gemeinde Altenstadt) als auch durch Presseberichte öffentlich bekannt ist, war die Bürgerversammlung von teils sehr heftig vorgetragenen ablehnenden Haltungen zu Windenergieanlagen bei der Gemeinde Altenstadt geprägt. Ich habe hingegen dargelegt, dass der BUND grundsätzlich sowie im Rahmen der bundesweiten Energiewende sowie den Beschlüssen des Hessischen Energiegipfels den Bau von Windenergieanlagen für sehr wichtig erachtet und dass es – gerade um die strittigen oder offenen Fragen hinsichtlich Immissionsschutz und Naturschutz zu klären, es der Beauftragung der von der Gemeindevertretung ausgewählten Projektierungsfirma bedarf. Für eine Entscheidung oder Beurteilung in der Bürgerversammlung lägen ja gar nicht entsprechende prüfbare Informationen vor.

Herr Bürgermeister Syguda hat es jedoch in der Bürgerversammlung damit bewenden lassen, dass er gegen Ende der Versammlung mitteilte, dass er (persönlich) der Meinung sein, dass durch den Bau von Windenergieanlagen „die Entwicklung der Gemeinde gefährdet sei“. Eine weitere fachliche Begründung wurde von ihm bisher weder auf der Bürgerversammlung noch bei der Sitzung der Gemeindevertretung am 3. Mai gegeben. Wenn Herr Bm Syguda hier meint, dass ein Mindestabstand von 1000 m von Windenergieanlagen nicht ausreichend sei, so sei darauf verwiesen, dass die Gemeindevertretung Altenstadt einstimmig die Vorlage zur Änderung des Landesentwicklungsplans LEP – Vorgaben zur Nutzung der Windenergie (Landtagsdrucksache 18/7123) - am 24.8.2012 zugestimmt hatte. Auch hier hat sich Bm Syguda nicht an diesen Beschluss der Gemeindevertretung gehalten, bzw. diesen berücksichtigt.

In der Vorlage zum LEP/Windenergie wurde hingegen sogar seitens der Landesregierung darauf verwiesen, dass schon ab der dreifachen Gesamthöhe der WEA (ca. 600 m) gemäß Urteil des OVG NRW 24.6.2010, 8 A 2764/09 diese Abstände als „unproblematisch“ anzusehen sind. Ab ca. 800 m seien die Grenzwerte der TA Lärm unterschritten. Mehrere Vertreter kommunaler Spitzenverbände und von Kommunen (Wächtersbach, Rodgau, Hammersbach) sprachen sichauf der Landtagsanhörung am 8. Mai 2013 zwar tendenziell auch für einen Abstand von 1000 m aus, um hierdurch die Akzeptanz der Windenergie zu fördern, fordern aber zugleich eine Flexibilität, diesen Abstand im Einzelfall auch zu unterschreiten zu können.

Auch Hr. Syguda hätte mit seinem Wissen von der Vorlage der LEP-Änderung diesen Sachverhalt sowohl bei der Bürgerversammlung als auch bei der Gemeindevertretung vortragen können. Hat er jedoch nicht. Herr Bürgermeister Syguda hat auch der Auffassung, dass zu hohe Schallimmissionen auf die Bürger im Bereich des Wohngebietes Wieschesgraben einwirken würden, nicht widersprochen. Er hat sich auch nicht dafür eingesetzt, dass diese Frage geklärt wird.

Ich habe in der Bürgerversammlung darauf hingewiesen, dass eine gemeinsame Veröffentlichung der Bayerischen Landesämter für Umwelt und Gesundheit betont, dass nach dem heutigen Stand der Wissenschaft der Infraschall durch Windkraftanlagen keine schädlichen Wirkungen hervorruft. Herr Syguda hätte darauf hinweisen können, dass es bei über 23.000 WEA in Deutschland bei keiner Anlage und bei keinem diesbezüglichen Gerichtsverfahren, eine Entscheidung gab, eine Windenergieanlage aufgrund möglicher Auswirkungen von Infraschall nicht betrieben werden darf. Er hätte darauf hinweisen können, dass es übliche gesetzliche Praxis ist, dass bei einer Vereinbarung mit einer Projektierungsfirma diese Frage fachlich untersucht werden kann. Er hätte sich auch bei anderen kommunalen Verbänden informieren können, dass es z.B. auch WEA in einem lärmreduzierten Modus in der Nacht betrieben werden können. Er hätte auch darauf hinweisen können, dass der Grenzwert der Lärmimmission von 35 dB nur ein Spitzenwert ist, der nur zu geringen Zeiten bei Windgeschwindigkeiten von über 10 m/s erreicht wird, in diesem Fall die Geräusche und der Infraschall durch den Wind an Gebäuden und Bäumen viel höher sind als durch die WEA und ansonsten die Lärmimmission deutlich unter diesen Werten liegt.

Herr Bürgermeister Syguda hat sich um alle diese Fragen nicht weiter gekümmert. Er hat es hingegen zugelassen, dass diese Frage nicht weiter erörtert werden konnte. Er hat seine Aufgabe als Bürgermeister, zur Klärung strittiger Fragen beizutragen, nicht wahrgenommen. Mag sein, weil es seiner persönlichen Auffassung entgegenkam, die Stimmung gegen Windenergieanlagen zu stärken. Seiner Aufgabe als Bürgermeister aller Bürgerinnen und Bürger entspricht dies jedoch nicht.

Hinsichtlich der Berücksichtigung des Naturschutzes musste im Juni 2012 erst ein Beschluss der Gemeindevertretung gefasst werden, dass die örtlichen Naturschutzverbände angefragt werden. Der BUND Altenstadt hatte gemeinsam mit dem NABU Altenstadt eine grundsätzlich positive Stellungnahme zur Nutzung der Windenergie gegeben, hatte auf die Deckung eines hohen Anteils des Strombedarfs Altenstadts durch die möglichen Anlagen hingewiesen und betont, dass die Klärung weiterer Fragen des Naturschutzes nur im Zusammenhang mit einer konkreten Planung erfolgen müssten.

Nachdem am das Schreiben vom 25. Juli 2013 von BUND und NABU gemäß der Anfrage des Gemeindevorstands Herrn Syguda vorlag, hat es keinerlei mündliche und schriftliche Anfragen, Nachfragen oder Erörterungen seinerseits gegenüber dem Naturschutz gegeben. Weder wurde seinerseits die Meinung der Naturschutzverbände bestätigt, noch wurde ihr widersprochen. Es ist aber nicht Aufgabe eines Bürgermeisters, in solchen Fällen schlichtweg nichts zu sagen, um dann, nachdem sich eine Bürgerinitiative gegen Windenergieanlagen in Altenstadt gebildet hatte, letztlich deren Auffassung zu folgen und einen klar vorliegenden Beschluss der Gemeindevertretung nicht umzusetzen. So wenig manche Windkraftgegner keine Verantwortung für die Energieversorgung ihrer Gemeinde übernehmen bereit sind, so wenig war und ist hier Bürgermeister Syguda bereit, die Verantwortung zu übernehmen für das Wohl der gesamten Gemeinde Altenstadt.

Indem er sich durch Nichtssagen und Nichttun aus der Verantwortung stiehlt, trägt er auch dazu bei, dass die strittigen Fragen eben nicht auf fachlicher Ebene geklärt werden (auf emotionaler Ebene wie in manchen Versammlungen lässt sich dies nicht klären) – er trägt nicht zur Auflösung von Konflikten bei, wie es eigentlich seine Aufgabe als Bürgermeister wäre. Ebenfalls hat Bürgermeister Syguda es versäumt, darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Vertragsentwurf mit der Firma WPE die Gemeinde Altenstadt im Falle der Realisierung von WEA ein Nutzungsentgelt von 6% der Erlöse, mindestens 26.000 € pro Anlage pro Jahr zustehen würde.

Bei bis zu 5 Anlagen und einer Laufzeit von 20 Jahren geht es hier um einen Betrag von über 2,6 Mio. €. Dieser Betrag würde der Gemeinde insgesamt für deren Aufgaben (z.B. Kinderbetreuung, Soziales, Kultur,… ) also insbesondere in den Bereichen zugute kommen, in denen generell die Kassen klamm sind. Ein solcher Aspekt ist hingegen bei anderen Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden besonders betont worden, um die regionale Wirtschaft zu stärken.

Herr Bürgermeister Syguda hat es hier versäumt, auch darauf hinzuweisen, dass „die Entwicklung der Gemeinde“ gerade wenn die Gemeinde ihren lokalen Ressourcen (hier: Windenergie) nicht nutzt, behindert und beschränkt wird. Die Mittel, die unnötigerweise nicht genutzt werden, fehlen allen Bürgerinnen und Bürgern. Er hat hierbei noch nicht einmal auf die Notwendigkeit einer möglichen Abwägung zwischen den Kosten für Neubaugebiete und der finanziellen Entlastung laufender Aufgaben hingewiesen. Er hat damit seine Aufgabe, das Gesamtwohl der Gemeinde zu fördern, nicht erfüllt.

Es mag sein, dass Bürgermeister Syguda in Sachen Windenergie in Altenstadt, in Sachen der Entwicklung von neuen Baugebieten (in Streuobstwiesenbereichen), in Sachen der Energiekonzeption eigene persönliche Vorstellungen hat. Er hat aber als Bürgermeister insbesondere die Beschlüsse der Gemeindevertretung umzusetzen, die ihn weiterhin dazu verpflichten, entsprechende Verträge bzw. Vereinbarungen mit der Firma WPE abzuschließen. Seine Nichtumsetzung dieses Beschlusses, den er sogar selbst durch entsprechende Verhandlungen mit der Firma WPE vorbereitet hatte, hat zu einem hohen Vertrauensverlust bei diesem Verhandlungspartner und zu einen Ansehensverlust der Gemeinde Altenstadt geführt.

Wenn nun die Gemeindevertretung am 3. Mai 2013 mit 9 Ja: 21 Nein:1 Enthaltung den Abschluss des vorliegenden Nutzungsvertrages mit WPE abgelehnt hat, so hat diese damit nicht den Beschluss vom 9. November 2013, weitere Verhandlungen mit WPE zu führen, abgelehnt. Es wäre daher nun erforderlich, Herr Syguda seitens der Kommunalaufsicht hinzuweisen bzw. anzuweisen, diesen Beschluss nun endlich umzusetzen und die Verhandlungen fortzuführen und einen Nutzungsvertrag abzuschließen. Nur auf diese Weise wird es möglich sein, die durchaus mit seiner – persönlichen – Auffassung nicht übereinstimmenden Fragen zu klären. Nur so wird es möglich sein, dass der Vertragspartner die entsprechenden Planungen und Untersuchungen durchführt, auf deren Grundlage geklärt werden kann, welche Auswirkungen in welcher Weise und Intensität und Häufigkeit wirklich zu erwarten sind und ob die Errichtung von WEA auch genehmigungsfähig ist.

Durch die Verweigerung von Bürgermeister Syguda, den Nutzungsvertrag zu unterzeichnen bzw. weiter zu verhandeln, ohne jedoch Hinweise und Vorschläge für dessen Änderung vorzulegen, nimmt er seine Dienstpflichten gemäß § 66 HGO nicht wahr. Damit wird durch die Weigerung von Bürgermeister Syguda den Beschluss der Gemeindevertretung umzusetzen, die Absicherung der zukünftigen Entwicklung Altenstadts, seine Energieversorgung und die mögliche Nutzung durchaus bedeutender Einnahmen für den allgemeinen Haushalt der Gemeinde in Frage gestellt. Herr Bürgermeister Syguda kommt hierbei auch seiner Aufgabe nicht nach, in strittigen Fragen in der Gemeinde für eine geordnete, auf fachlichen belastbaren Tatsachen beruhende Klärung zu sorgen. Sein Handeln dient nicht dem Wohl der gesamten Gemeinde, dem er verpflichtet ist.

Ich bitte Sie daher, Ihre Aufsichtspflicht als Kommunalaufsicht gegenüber Herr Bürgermeister Syguda sowie dem Gemeindevorstand Altenstadt gemäß § 136 Hessischer Gemeindeordnung in Ihrer Funktion als Behörde der Landesverwaltung wahrzunehmen und Herr Bürgermeister Syguda insbesondere zu einer zügigen Umsetzung des Beschlusses 17/0256 der Gemeindevertretung vom 9. November 2012 aufzufordern.

In Anbetracht der besonderen Aktualität des Vorgangs und der weiterhin strittigen Fragen, bitte ich Sie, mir baldmöglichst mitzuteilen, wie Sie gedenken, in dieser Angelegenheit vorzugehen.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Werner Neumann Stammheimer Straße 8 B 63674 Altenstadt