Altenstädter Freundeskreis für Flüchtlinge (und MigrantInnen) e.V.(AFKeV)

stellt sich vor

 

Unser Kreis fand sich 2009 in einer Notsituation zusammen: Menschen aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft sollten abgeschoben werden - abgeschoben buchstäblich ins Nichts. Das wollten wir nicht. Wir, das waren damals Frau H. und Herr K. Willms, Pfarrerin und Pfarrer der ev. Gemeinde St. Nikolai, Regina Schröder, Sozialdezernentin der Gemeinde Altenstadt, Eva Hufnagel, Gemeindevertreterin und Mitglied im Gemeindevorstand, Dorothee Warns, Musikerin und Gemeindevertreterin, Karl Ventulett, Musiker und Gemeindevertreter, Dr. Werner Neumann, Physiker und (damals noch) Leiter des Energiereferats der Stadt Frankfurt und ich, Dr. Angela Vogel, Politikwissenschaftlerin und (damals noch) Leiterin der bundesweit arbeitenden Sozialhilfsorganisation "abekra, Verband arbeits- und berufsbedingt Erkrankter e.V."

Andreas Wennekes von der OASE war meist unser Gast - bis sich auch die OASE der Flüchtlingshilfe zuwandte und heute viele Angebote bereit hält.

Wir machten Nägel mit Köpp, hatten zwar keine Ahnung, nur mitleidende Herzen, kontaktierten also das Internationale Zentrum Friedberg, den Hessischen Flüchtlingsrat, und versuchten beim damals noch sehr übel beleumdeten Friedberger Ausländeramt Bleiberegelungen für die Betroffenen zu erreichen.

So wuchsen wir - jeweils sehr unterschiedlich - in die Arbeit hinein. Langsam, aber stetig.                                                             Redner Demo Friedberg 4-6-013

Daneben richtete ich für eine ganze Reihe von Flüchtlingsfrauen den ersten der Altenstädter ehrenamtlich/privat betriebenen

Deutschlernkurs ein - der allen daran Beteiligten viel, viel Spaß brachte.

Und das bisschen Spaß war bitter notwendig, denn die meisten der Flüchtlingsfrauen waren gezeichnet von Krieg und Verfolgung und Flucht. Lernen und sich das Aufgenommene tatsächlich zu merken, es fiel ihnen schwer, manchmal sehr schwer und für manche ist es bis heute unmöglich geblieben. Traumata sind schlimme kognitive Hindernisse. Sie behindern das Lernen und Sprechen.

Kaum gehört und aufgenommen sind die Worte und ihre Bedeutung schon wieder entwischt - wie Traumgesichte, von denen nur undeutliche Schatten bleiben.

Aber an unseren Spaß, daran konnten sich danach alle noch gut erinnern, und das war wunderbar. Heute geben wir für einige Personen nur noch Einzelunterricht.

So kam eines zum anderen und es entwickelten sich regelrechte Begleitungen/Unterstützungen einer ganzen Reihe von Flüchtlingen im Alltag, junger, erwachsener und alter Menschen und ganzer Familien. Etliche von ihnen lebten schon lange in Altenstadt, hatten niemals Sprachunterricht und keine oder nur wenige Kontakte zu AltenstädterInnen gefunden.

Natürlich fand das alles statt mit den üblichen Hürden: Reden mit Händen und Füßen, lernen und sich langsam eindenken in das, was der jeweils andere Mensch denn wohl gemeint haben könnte und/oder aber in das, was er verstand, dachte und/oder braucht(e), materiell, emotional und ideell. Helfen bei Ärzten, Behörden aller Art und Krankenkasse, helfen im Krankheitsfall, im Kindergarten, in der Schule. Helfen, Anträge zu stellen und Fragebögen ausfüllen, Korrespondenzen und Telefonate führen, Wohnung suchen, mit Vermietern sprechen, die Rechnungen überprüfen undundund - lernen aber auch, was sie nicht brauch(t)en- selbstverständlich auch das. Und selber lernen, andere Denk- und Gefühlswelten kennenlernen, aber auch lernen, und das war ganz wichtig: die jeweils eigenen (Arbeits)-Grenzen zu erkennen und sich gegenseitig zu respektieren. 

Dies und noch viel mehr entwickelte sich da.

Selbstverständlich haben wir inzwischen auch viele rechtliche und sozialpolitische Kompetenzen erworben, kennen uns aus in Fragen des Ausländer- und Asylrechts, des AsylbewerberleistungsG, der Gesetzlichen Krankenversicherung und SGB II, III, VIII und XII. Ich schaue regelmäßig, was die Rechtsprechung zu welchem Problemfeld sagt und verfolge die übergeordneten politischen Entwicklungen, wobei auch wir uns ab und an zu Wort melden. Wir pflegen Kontakte zu einigen Rechtsanwaltskanzleien, deren Spezialgebiet das Ausländer- und Asylrecht ist.  Wir geben Kindern und Jugendlichen Deutschnach/und Hausaufgabenhilfe und vertreten Kinder qua Bevollmächtigung in der Schule. Wir haben uns auch um die Durchsetzung des gesetzlich vorgeschrieben Nachteilausgleichs für Schulkinder nichtdeutscher Herkunft und Sprache ab der 5. Klasse gekümmert und dafür gesorgt - zumindest an der Limes Schule in Altenstadt - dass er angewandt wird.

Ansonsten machen wir, was da halt noch so alles kommt: dittchen und dattchen und, Sie kennen das alle: ach du lieber mein Vater, herjee, herjee, wie konnte das nur passieren!? Und was machen wir jetzt? - Ja, was.

Die beiden Familien, um die es 2009 ging, sie konnten nach langen Kämpfen und großen Anstrengungen bei uns in Altenstadt bleiben, wenn auch nicht ganz vollständig - aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Seit November 2014 hat der Altenstädter Freundeskreis einen neuen Vorstand, bestehend aus mir und der jungen Studentin, Claudia Tabbo. Frau Tabbo ist in der Flüchtlingshilfe schon lange engagiert. Sie stammt aus einem syrischen Elternhaus und sie wie ihre Eltern haben Neuankömmlinge aus Syrien in all den Jahren immer wieder unterstützt.

Frau Tabbo spricht syrisch-aramäisch, andere Mitglieder des AFKeV sprechen irakisches Arabisch und andere wiederum Farsi - und ich mit Händen, Füßen und Augen und deutsch.

Sie merken, bei uns gibts viel zu hören - und falls Sie Lust haben - horchen Sie doch auch mal rein.

PS: Seit 2011 sind wir ein eingetragener und gemeinnütziger Verein, befugt, für Spenden und sächliche Zuwendungen Spendenbescheinigungen auszustellen. Seit 2015 sind wir auch proAsyl/Frankfurt am Main angeschlossen, wo wir uns Rat holen können, im Zweifelsfalle jedenfalls.

 

Dr. Angela Vogel, 1. Vorsitzende des Altenstädter Freundeskreises

 

Altenstadt-online 10. Februar 2015